Viktor Skripnik ist stolz auf das 0:4. Super! Der Trainer von Werder Bremen, vor kurzem noch die Mannschaft der Stunde in der Fußball-Bundesliga, freut sich, dass er gegen Bayern München nur vier Tore kassiert hat. Toll!
Die Liga ergibt sich dem Rekordmeister. Selbst wenn die Über-Bayern ohne Welttorhüter Manuel Neuer und die Offensivstars Franck Ribéry und Arjen Robben kommen. Wer deutscher Meister 2015 wird, ist schon lange keine Frage mehr. Was viel schlimmer ist: Wer in den nächsten Jahren deutscher Meister wird, ist eigentlich auch keine Frage mehr.
9,5 Milliarden Euro kassiert die englische Premier League ab 2016 dafür, dass sie ihre Fernsehrechte für drei Jahre verkauft hat. Der Aufschrei der Bundesliga-Macher war laut, sie fühlen sich mit rund 800 Millionen Euro im Jahr unterbezahlt. Montags soll deshalb demnächst auch um Erstliga-Punkte gespielt werden. Hervorragend! An Montagen fühlen sich Klatschen gegen Bayern bestimmt noch besser an.
Nun ist es aber so, dass in England so viel Geld in die Klubkassen fließt, weil zwei Bieter um die Rechte buhlten und sich nun die Spiele teilen. In Deutschland ging vor drei Jahren das wichtigste TV-Paket mit den Bundesliga-Livespielen komplett an Sky. Solange nicht ein zweiter Käufer ebenfalls zum Zuge kommt, werden sich die Einnahmen nicht in gewünschtem Maße erhöhen. So lange ist es zweitrangig, wann gespielt wird.
Die Bundesliga ist ein Premiumprodukt, betonen die Verkäufer immer wieder. Als 2012 der letzte TV-Vertrag geschlossen wurde, lieferten sich Bayern München und Borussia Dortmund ein spannendes Titelduell. Seitdem sind die Münchner mal mit 25, mal mit 19 Punkten Vorsprung Meister geworden, wie viele Punkte es in diesem Jahr sind, ist die einzige noch offene Frage.
Langeweile lässt sich schwer verkaufen. Natürlich ist der Abstiegskampf noch nicht entschieden, und auch Platz vier oder Rang sechs sind noch umkämpft. Doch wer soll dafür noch tiefer in die Tasche greifen?
In England kam der Meister in sieben der letzten acht Jahre auch aus lediglich einer Stadt. Allerdings war nicht nur Manchester United, sondern zweimal auch City erfolgreich. In zwei der letzten drei Spielzeiten lagen maximal zwei Punkte zwischen Meister und Vizemeister.
In der Bundesliga ist es fast sechs Jahre her, dass die Titelentscheidung am letzten Spieltag fiel. Spektakuläre Finals wie die „Vier-Minuten-Meisterschaft“ von Schalke 04 2001 entstammen einer anderen Zeit.
Dass die größte Hoffnung für mehr Spannung im Meisterrennen in den nächsten Jahren ein mit Automobil-Millionen hochgerüsteter Werksklub ist, macht es nicht besser. Wenn demnächst nur noch Wolfsburg oder der Red-Bull-Fußballableger Leipzig mit den Über-Bayern mithalten kann, gewinnt das Premiumprodukt keinen neuen Glanz.
Aber die Rivalen von einst werden auch dann stolz sein, wenn sie nur 0:4 gegen Bayern verlieren. Super!
SID tl nt
