Der DOSB und das große Ganze: Entscheidung für Berlin oder Hamburg wegweisend

Am Montag fällt das DOSB-Präsidium seine Entscheidung, mit welcher Stadt es die Olympischen Spiele zurück nach Deutschland holen will – Hamburg oder Berlin?

 

Frankfurt/Main (SID) Der Druck ist riesig, die Wahl schwierig, die Konsequenz bedrohlich: Wenn das Präsidium des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) am Montagnachmittag die Vorentscheidung über den deutschen Olympia-Kandidaten trifft, geht es um mehr als nur um Berlin oder Hamburg.

„Wir entscheiden auch über den künftigen Weg des deutschen Spitzensports für die nächsten zehn bis 15 Jahre“, mahnte DOSB-Präsident Alfons Hörmann in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung: „Wir stehen vor einer äußerst wichtigen Weichenstellung.“

Ein Favorit lässt sich nicht bestimmen. Für die Hansestadt spricht die Forsa-Umfrage unter 1500 Bürgern, derzufolge 64 Prozent die Sommerspiele 2024 oder 2028 in der eigenen Stadt begrüßen würden (Berlin: 55 Prozent). Die Bewerberstadt muss im September zwingend bei einem Bürgerentscheid bestehen – ein erneutes Scheitern wie vor der Münchner Bewerbung für 2022 wäre schlichtweg eine Katastrophe. Die Hauptstadt hat hingegen international das größere Renommee. Das könnte entscheidend sein, wenn es dann gegen Konkurrenten wie Boston oder Paris geht.

Dieser Ansicht sind auch Mitglieder des Gremiums, auf das es letztlich ankommt. „Meiner Meinung nach hat Hamburg einen Nachteil: Jeder auf der Welt kennt Berlin“, sagte der Ire Patrick Hickey, Mitglied der Exekutive des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), im Interview mit Sport Bild Plus: „Berlin ist wie New York, London und Paris: eine Metropole, die weltberühmt ist. Aber nicht so viele Menschen kennen Hamburg.“ Über den Gastgeber der Spiele 2024 entscheidet das IOC im Sommer 2017 in Lima.

Um da bestehen zu können, hatten sich die acht DOSB-Präsidiumsmitglieder, die ihre Empfehlung für die Mitgliederversammlung am 21. März um 19.00 Uhr im Frankfurter Stadtwald verkünden wollen, in den vergangenen Tagen und Wochen die größtmögliche Unterstützung ins Haus geholt. In einem Beratungsmarathon stellten sich am Sonntag die einflussreichen Spitzensportverbände zu intensiven Gesprächen in der Mainmetropole vor, am Montag geben noch 43 Experten aus Sport, Politik und Zivilgesellschaft ihre Meinung ab.

Am Ende hängt es aber allein am Präsidium. Die DOSB-Mitgliederversammlung am Samstag in der Frankfurter Paulskirche wird nicht mehr sein als eine Krönungsmesse – auch wenn sich innerhalb der Spitzenverbände in den vergangenen Tagen ein wenig Widerstand formiert hatte.

Hörmann akzeptiert das, erwartet aber Gefolgschaft. „Wir haben naturgemäß einen etwas anderen Blick auf die Dinge als diejenigen, die lokal oder in einer bestimmten Sportart unterwegs sind“, sagte Hörmann und sprach von einer „hohen Verantwortung“. Diese „kann man aber nur übernehmen, wenn man auch Gestaltungsfreiheit hat, die Dinge zum Erfolg zu bringen“, sagte der DOSB-Boss, der die Bedeutung des Bürgerentscheids unmissverständlich hervorhob.

„Wenn wir nicht auf die internationale Ebene gelangen, weil die Bürger der ausgewählten Stadt nicht vollumfänglich in das Projekt gedanklich und emotional einsteigen, wenn wir über die Hürde nicht wegkommen, dann bekommen wir nicht den Schwung, den wir brauchen für die so dringend notwendige Entwicklung des Sports“, sagte er.

Der Spitzensport in Deutschland stehe „am Scheideweg“, betonte Hörmann: „Zudem ist die Vielfalt des Sports bedroht. Es geht also nicht nur um die Austragung der Spiele, um die zwei Mal zweieinhalb Wochen. Mindestens so wichtig sind der Weg dahin und die Nachhaltigkeit der Spiele. Es gibt kein anderes Projekt als Olympia, mit dem man so viel Rückenwind bekommen kann. Deshalb entscheiden wir über die Sportstruktur und -kultur in Deutschland 2030.“

SID mj jm